Ein besonders unverschämtes Beispiel der Kundenfeindlichkeit bietet aktuell die Bremerhavener Wohnungsbaugenossenschaft „WoGe“: Per Aushang vom 21. Januar soll den Mietern die Vogelfütterung verboten werden. Auch gegen Nistkästen will die Genossenschaft auf ihren Grundstücken aktiv vorgehen, angeblich würden Ratten und Möwen angelockt. Für den NABU zeugen die Aussagen des Vorstandes von Ignoranz und böswilligem Unwissen.
„Eine vernünftige Vogelfütterung lockt keine Ratten an, das ist schlichter Aberglaube“, ärgert sich NABU-Geschäftsführer Sönke Hofmann, „Körner und Reste, die auf den Boden fallen, werden hier dankbar von nicht so wendigen Kletterern wie Rotkehlchen oder Ringeltauben aufgenommen.“ Wenn Ratten sich an Futterresten bedienen, sei nicht die Fütterung die Ursache. Dann liege das Problem eher an Speiseresten in der Kanalisation oder ungenügend gesicherten Mülleimern.
Für Möwen, immerhin ein lebendiges Wahrzeichen Bremerhavens, seien Vogelfütterungen noch viel weniger interessant. „Möwen sind ausgesprochene Fischliebhaber und Fischmehl findet sich bestenfalls im Hühnerfutter aber nie im Wildvogelfutter“, erklärt der Naturschützer. Weshalb also die WoGe ihre Mieter mit unfreundlichen Verbotsschreiben gängelt, sei fachlich überhaupt nicht begründbar. Zumal der Aushang vom Vorstand unterschrieben wurde, also nicht auf einen übereifrigen Hausmeister geschoben werden könne.
„Für viele gerade ältere Menschen ist die Vogelfütterung und das Beobachten der gefiederten Freunde ein wichtiges Stück Lebensqualität, auch außerhalb des Lockdowns. Dies den Menschen nehmen zu wollen, ist zumindest unfreundlich“, findet Sönke Hofmann. Stattdessen sollte die Genossenschaft doch besser alles daran setzen, Vogelfütterungen überflüssig zu machen. In den vor pflegeleichten Exoten strotzenden Gartenanlagen der WoGe sei noch viel Verbesserungsbedarf.
„Vollkommen absurd ist das Verbot von Vogelhäusern durch die WoGe, damit wird den natürlichen Verbündeten gegen Insektenbefall die Grundlage entzogen“, ärgert sich der NABU. Gerade Kohlmeisen schöpfen mit ihrer Suche nach Raupen einen Gutteil des Insektennachwuchses ab. Dadurch ersticken sie drohende Massenvermehrungen oft schon im Keim. „Eine große Vielfalt an Nistkästen fördert die Vielfalt an Vogelarten und das ist die beste natürliche Absicherung gegen sechsbeinige Lästlinge.“
Der NABU bietet der WoGe eine Beratung zur Neugestaltung der Gartenanlagen und ökologischen Ausrichtung der Pflege der Gärten an. „Wir brauchen Wildnis, aufgeräumte und überpflegte Gärten voller Exoten sind anfällig und werden im Klimawandel nicht bestehen.“ Bis dahin empfehlen die Naturschützer den Mietern, die Vögel am Fenster oder auf dem Balkon zu füttern – das könne die WoGe nicht verbieten.